[Home]
15.10.2024
18:27Uhr
[Druckversion dieser Seite] Druckversion dieser Seite
[spacer]

Der gotische Westlettner

naumburg-online.de:Westletter des Naumburger Doms Das Langhaus endet vor dem Westlettner, einem der bedeutendsten Werke der mittelalterlichen Architektur und Kunst. So wie der romanische Ostlettner des Doms, schließt der Westlettner den dahinterliegenden Chorraum von der Gemeindekirche ab, nicht aber als sperrender Riegel, sondern als Pforte, die den Durchgang gewährt. Der Westlettner war, und das unterscheidet ihn von seinem Pendant im Osten, eine Art Kirchenfassade, die den besonderen Status des Westchores als eigenständige Kirche betonte. Ihn durften zunächst nur Geistliche der älteren Stiftskirche benutzen. In seinem Aufbau und der verwendeten Schmuckformen ist er der kostbarste der Lettner des Mittelalters.

Die Ornamentik seiner Kapitelle zählt zu den schönsten, die die frühe Gotik hervorgebracht hat. Als Vorbilder bei der Gestaltung dienten heimische Pflanzen, Kräuter und Baumblätter. Es dominieren Weinlaub, Haselnußblätter, Lerchensporn und Beifuß. Die naturalistische Blattornamentik geht im allgemeinen auf französische Formen zurück. Es gibt keine Pflanzendarstellung des Mittelalters, die diese Naumburger an Natürlichkeit und Feinheit der Durchbildung übertreffen.

Blätter, Blüten und Früchte lassen sich in jedem Einzelfall exakt bestimmen, so daß die Annahme, der Bildhauer habe nach der Natur gearbeitet, naheliegt. Der Westlettner besitzt, und darin unterscheidet er sich von allen Lettnern, ein großes Figurenportal, nicht nur zwei kleine Pforten wie deutsche Lettner üblicherweise. Der Naumburger Meister gestaltete den Lettner wie eine Kapellenfassade, in deren Mitte die Kreuzigungsgruppe als Eingang zum Chor steht.

Andere Unterschiede erklären sich alle aus der Absicht, dem Nachfolgebau der Ekkehardingschen Stiftskirche einen eigenen und zugleich repräsentativen Eingangsbereich zuzuordnen, um die Erinnerung an diese zu bewahren. Die Lettnerbühne wird von einem Fries mit Darstellungen zum Passionsgeschehen geschmückt und so zu einem großen lesbaren Szenarium für das Volk.. Die Reliefs an der Brüstung zeigen von Süden beginnend das Abendmahl, die Auszahlung der Silberlinge, die Gefangennahme, die Verleugnung des Petrus, eine Wächterszene und die Handwaschung des Pilatus. Die beiden nachfolgenden Reliefs mit der Geißelung und der Kreuzigung sind barocke Ergänzungen in Holz nach altem Vorbild. Dramatischer Abschluß der Leidensgeschichte ist der Tod Christi am Kreuz, begleitet von Maria und Johannes am Gewände des Portals. "Noch nie zuvor ist der Gekreuzigte in der Kunst so menschlich nahe gebracht worden". Der Todeskampf Christi und das Leid seiner Mutter und des Lieblingsjüngers werden schonungslos realistisch gezeigt. Die Naumburger Passion vermittelt ein neues Maß an Einfühlung und Identifikation mit dem biblischen Geschehen. Unter dem Einfluß der antidogmatischen Mystik ist Christus nicht mehr der Triumphator, sondern der Menschenbruder, der am Kreuz einen grausamen Tod erleidet. Seine Züge sind nicht geprägt von Herrschaft und Repräsentation, sondern von Leben und Leiderfahrung. Auch die Gottesmutter Maria und der Apostel Johannes zeigen tiefsten menschlichen Schmerz. Die Aufstellung der Kreuzigungsgruppe im Lettner ist für die damalige Zeit ungewöhnlich, hingen bis dahin die Triumphkreuze hoch über Lettner und Chorschranke. In Naumburg bildet der Mittelpfosten des Portals den Kreuzstamm, der Türsturz den Kreuzbalken. Wer also den Chor betreten will, muß unter den ausgebreiteten Armen des Gekreuzigten hindurchgehen. Die Passionsreliefs und die Kreuzigungsgruppe des Westlettners rücken das dramatische Geschehen der Osterwoche als das Schicksal von Menschen in den Blickpunkt. Das Giebelfeld über dem Portal zeigt in Fresko und mit Stuck den Weltenrichter zwischen zwei Engeln mit Leidenswekzeugen.

zum Inhalt

Pilzpfanne
[spacer]
Herold zum Kirschfest
[spacer]
Das Oberlandesgericht
[spacer]
Bismarckturm
[spacer]
Das Rathaus
[spacer]