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15.10.2024
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Die Stifterfiguren

Weltbekannt wurde der Westchor durch die Figuren der zwölf Stifter. Als der zweite, heutige Dom gebaut werden sollte, hielt Bischof Dietrich II. (s. oben) um Zuwendungen für seine Errichtung bittend, die Namen der ersten, längst verstorbenen Stifter, sie als Vorbild preisend, in einem Brief fest. Es war das vorrangige Anliegen des Auftraggebers, ihr Andenken zu wahren und an diesem Ort auch weiterhin ihre Totenmessen zelebrieren zu können. In diesem Sinne können wir die Figuren im Westchor deuten: als Ursprungsgründer und Stellvertreter für alle, die den Bau durch Gaben und Taten gefördert haben. Die meisten Stifter sind im Gelände der heutigen Domkirche begraben, die Ehepaare der ekkehardingschen Familie vermutlich sogar im Westchor. Mit dem Neubau des Doms und des Westchors wurden ihre Grabstätten aufgegeben und beseitigt. Als Ersatz schuf man um die Mitte des 13. Jahrhunderts lebensgroße Gedächtnisgrabsteine. Auf diese Weise erfüllte der Westchor den Zweck einer Totenkapelle zum Gedächtnis der verehrten Stifter. Zur Totenmesse wurden die Figuren mit Tüchern und Fahnen behängt und Reliquien ausgestellt. Die lebensgroßen Skulpturen stehen in etwa vier Meter Höhe vor dem Laufgang und wurden in die Gewölbedienste eingefügt. Jede Statue erhielt einen eigens für sie entworfenen aufwendigen Baldachin mit Architekturdekor. Das Standbild und das Dienststück in seinem Rücken bestehen jeweils aus einem einzigen großen Steinblock. Runde oder abgerundete Fußplatten dienen als Standfläche. Es ist ebenso ungewöhnlich wie auch einmalig, daß weltliche Personen in einem Chor dargestellt sind und welche Verehrung weltlichen Personen zuteil wurde, die alles andere als heilig waren. Als der Naumburger Meister diesen Auftrag erhielt, waren die Stifter bereits 150 bis 200 Jahre tot, und er mußte ihre Standbilder ganz aus der Phantasie heraus bilden. Es gab keine Biographien, in denen man über sie etwas hätte erfahren können. Die einzigen Anhaltspunkte für die Gestaltung einzelner Persönlichkeiten waren historische Überlieferungen und Berichte. Die höchst individuelle Darstellung jeder einzelnen Figur ist verblüffend. Ihre Gesten, ihre Gesichter bezeichnen unterschiedliche Charaktere und Temperamente und deuten jeweils auf etwas Schicksalhaftes hin. Die Architektur faßt die Statuen zu einer Einheit zusammen: Der Zyklus wurde ganz bewußt antithetisch angeordnet. In der Mitte befinden sich die beiden Hauptstifterpaare, die letzten Besitzer der Naumburger Burg: Markgraf Hermann neben seiner Gemahlin, der lächelnden Reglindis, welche eine polnische Königstochter war sowie Markgraf Ekkehard und Uta, eine Grafentochter aus Ballenstedt im Harz. Die beiden Hauptstifter mit ihren Gemahlinnen erhielten einen besonderen Platz. Sie sind jeweils als Paar nebeneinander aufgestellt, was ihnen mehr Gewicht verlieh als den isoliert stehenden Einzelfiguren. Zudem wurde ihnen vor den stärkeren Dienstbündeln zwischen Polygon und Chorquadrat und unmittelbar seitlich vom Hochaltar der ehrenvollste Platz im Chor vorbehalten. Die übrigen Standbilder zeigen im Polygon die Grafen Dietmar, Syzzo, Wilhelm und Thimo, im Chorquadrat die Gräfin Gerburg, Graf Konrad, Graf Dietrich und Gräfin Gepa (siehe Anlage 3). Die Standbilder sind fast alle zeitgleich entstanden. Diese acht Männer und vier Frauen gehörten zum deutschen Hochadel, vornehmlich zum wettinischen Herrscherhaus, und sind die Stifter des ersten Doms. Sie waren fast alle mit dem Bauherrn Bischof Dietrich II. verwandt, der also besonderes Interesse an der Schaffung dieser Standbilder hatte. Die Bedeutung dieser Figuren liegt in der wirklichkeitsnahen Darstellung. Kleidung (Leder und Loden waren die Materialien) und Waffen zeigen die Mode des 13. Jahrhunderts. Die Gesichter könnten Porträts sein. Ihre Aufstellung als "Laien" und zum Teil mit Waffen im Chor, der sonst nur Heiligen vorbehalten war, ist einmalig. Hauptgrund für ihre so ungewöhnliche Verehrung dürfte sein, daß sie alle der Kirche, in der sie stehen, besonders hohe Zuwendungen, Stiftungen, gemacht haben. Diese Frauen und Männer hatten sich um den Naumburger Dom in besonders hohen Maße verdient gemacht. Die Bemalung der Bildwerke ist nicht mehr ursprünglich, sondern stammt aus dem 16. Jahrhundert.

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