1862
Die Volkszählung ergibt für 1861 eine Einwohnerzahl von 13.917
(1864 = 14.407), davon sind 137 Katholiken und 9 Juden. Die Stadt stellt
einen eigenen Stadtgärtner an und errichtet für rund 1.000 Taler
eine Kolonnade auf dem Bürgergarten. Dort stand seit 1855 eine viereckige,
hölzerne Musikhalle. Der Bruder des bekannten "Säulen-Litfas"
bringt als neues Bekanntmachungsmittel an den Häuserecken Anschlagkästen
an, in denen er hinter Drahtgittern täglich Anzeigen aufkleben ließ.
Sein Bruder Ernst hatte schon 1855 die ersten Plakatsäulen in Berlin
aufstellen lassen.
1865
Instandsetzung der Moritzkirche und Errichtung ihres Nordwestturmes.
Der Turm war bereits 1840 völlig abgetragen worden. Die Gesamtkosten
für den Turmbau sind mit 2.837 Taler veranschlagt worden. Die Gelder
sind zum Teil durch ein gegründetes Komitee gesammelt worden, die
Stadt selbst ist mit 500 Talern (aus dem Etat der Sparkasse) beteiligt.
Abbruch der alten Schießmauer am Friedenshügel (ehemals Lappenhügel)
und Anlegung einer neuen Schießbahn an der östlichen Seite
der Vogelwiese. In dem Verlag von Gottfried Pätz erscheint die "Naumburger
Zeitung". Das Blatt wird dreimal wöchentlich herausgegeben,
erlebte aber nur zwei Jahrgänge. Druckerei und Redaktion ist im Haus
Steinweg 18 untergebracht, die Expedition in der Trauerschmidtschen Buchhandlung
am Markt 4.
1866
An der Cholera erkranken von Mitte August bis Oktober mehr als 300 Personen,
212 Todesopfer sind zu beklagen. Infolge des Notstandes, den die Seuche
unter den Armen hervorrief, wird eine Speiseanstalt eingerichtet, die
3.170 Portionen Essen unentgeltlich verteilt. Das Gemälde "Abels
Tod" im Schwurgericht erhält eine neue Umrahmung. Den Entwurf
hierfür lieferte der bekannte Berliner Architekt Stüler, der
sich wegen der Restaurierung des Domes in Naumburg aufgehalten hat. Das
monumentale Wandgemälde war im Juni 1864 in das Schwurgericht gekommen.
1867
Theodor Fontane in Naumburg. Mit seiner Frau besucht er den Dom. Jahre
später (1873) ist er nochmals hier. Damals beschrieb und zeichnete
er die Denkmale der Stadt.
1868
Am 23. Juni stirbt der Begründer des "Naumburger Kreisblattes",
Redakteur Heinrich Sieling im Alter von 58 Jahren. Die Leitung der Zeitung
übernimmt nun sein Sohn Traugott Sieling. Der Verwaltungsbericht
des Magistrats für 1867 beklagt den wirtschaftlichen Niedergang infolge
der unruhigen politischen Zeiten, Arbeitslosigkeit, Teuerung, Rückgang
der Steuereinnahmen, so daß 1866 die Stadtkasse 7.000, ein Jahr
später 5.000 Taler mehr Ausgaben als Einnahmen hatte. Dieses Defizit
mußte aus Sparkassenüberschüssen gedeckt werden.
1869
Der am 7. Dezember 1868 vom Sturm beschädigte und am 17. Dezember
abgenommene Stadtturmkopf wird von Schieferdeckermeister Baumann aus Weißenfels
wieder aufgesetzt. Der Turmknopf bekam dabei seine jetzige Form, das Kreuz
wurde aber vergrößert. Die Strumpfmacherinnung löst sich
auf. Die Strumpfwarenfabrikation hatte im 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt
erreicht. Die Erzeugnisse Naumburger Strumpffabriken wurden bis ins Ausland
gehandelt. Die Stadtbehörden verleihen erstmals die Ehrenbenennung
"Stadtältester" an einen hiesigen Stadtrat, der bis dahin
15 Jahre dem Magistrat angehört hatte.
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