1890
Die Jägergarnison sowie die hier stationierte Artillerie verlassen
Naumburg. Von den beiden Artilleriekasernen wird die 1859 errichtete Kötteritzsche
vor dem Salztor für Wohnungen hergerichtet, die Löfflersche an
der Marienmauer verkauft. Das Jägerkasino an der Luisenstraße
geht an die Erholungsgesellschaft über, die auch noch von der Stadt
den Friedenshügel (früher Lappenhügel) erwirbt. Ein Jahr
später verkauft die Erholung ihr Haus am Markt (5) und bezieht das
neue in der Luisenstraße. Umbau der alten topfmarktschule. Sie wird
jetzt als Verwaltungsgebäude genutzt und erhält auch den Stadtverordnetensaal,
der am 21. April eröffnet wird.
1891
Das freiheitische Rathaus zwischen der Marienkirche und der Dreikönigskapelle
wird abgebrochen. Das Haus -1726/27 errichtet - diente bis 1832 der freiheitischen
Gemeinde als Gerichtsgebäude und Rathaus. Bis 1884 nutzte es der
Syndikus des Domkapitels als Dienstwohnung. Den oberen Raum der Dreikönigskapelle
hatte er sich als Schlafzimmer eingerichtet. Nach dem Abbruch des Hauses
wird an diese Stelle ein Eisengitter gesetzt. Erste elektrische Beleuchtung
in der Herrenstraße.
1892
Am 15. September des Jahres, 74 Tage nach dem ersten Spatenstich für
dieses Unternehmen, wird die Naumburger
Dampfstraßenbahn feierlich eröffnet. Im Oktober 1900 geht
die Straßenbahn in städtischen Besitz über. Sechs Jahre
später, am 25. Oktober 1906, verkehrt sie das letzte Mal als Dampfstraßenbahn.
Wenige Monate später, am 2. Januar 1907, wird die elektrische Straßenbahn
eröffnet. Großes Aufsehen erregt der Zusammenbruch der Naumburger
Bank. Ein erheblicher Teil der Mittel war durch leichtfertiges Ausleihen
für immer verloren gegangen, so daß Konkurs eröffnet werden
mußte. Die curia retro novum chorum hinter dem Dom wird abgebrochen.
Auch das alte Moritztorhaus und die Brunnentröge in der Neugasse und
auf dem Wilhelmsplatz werden beseitigt. In dem Jahr hörte der Frauenplan
auf, Wäschetrockenplatz zu sein. Eröffnung der Kinderbewahranstalt
am Moritzplatz. Das Haus war unter Leitung des Stadtbaurates Schumann errichtet
worden. Schon 1840 bestand im Jakobshospital eine Kinderbewahranstalt. Sie
umfaßte zuerst 20 Kinder und wurde von dem Halberstädter Diakonissenhaus
und dem Naumburger Magistrat geleitet.
1894
Fertigstellung der "gotischen" Geschosse des Südwestturmes der Domkirche.
Für den Bau hatte Wilhelm II. dem Domkapitel ein "Gnadengeschenk" von
200.000 Mark bewilligt. Die Leitung der Arbeiten lag in den Händen
des Kreisbauinspektors Werner, der auch den Entwurf lieferte. Ihm zur Seite
stand der Architekt und Bauleiter Karl Memminger. Für den neuen Turm
wird in dem gleichen Jahr die "Dreikaiserglocke" gegossen. Sie erhielt aber
erst im Januar 1895 ihren Platz im Südwestturm. 1917 wurde sie abgenommen
und für Kriegszwecke zur Verfügung gestellt.
1895
Einführung des sogenannten Wasserzwangs. Für alle Häuser
in der Stadt besteht die Pflicht, sich an die zentrale Wasserversorgung
anzuschließen. Damit endet das jahrhundertealte System der privaten
Wasserversorgung. In Teilen der 1532 zerstörten Marienkirche am Dom
und einem dort errichteten Neubau wird eine Turnhalle eröffnet.
1897
Umwandlung der Realschule in ein Realgymnasium und Errichtung einer Handelsschule
durch die Kramerinnung. Fertigstellung des Kirchturmes der katholischen
Kirche. Für den Entwurf zeichnete der Paderborner Baumeister Güldenpfennig
verantwortlich, die Leitung der Arbeiten lag in den bewährten Händen
des Architekten Memmingers und die Glasfenster lieferte die Naumburger Firma
Franke. Die katholische Gemeinde hat in diesem Jahr 558 Mitglieder. Erstmals
tritt in Naumburg ein Kinematograph auf. Er zeigt in der Reichskrone am
Theaterplatz in "Panorama-Plastik" Bilder einer Rußlandreise. Die
Mutter des Philosophen Friedrich Nietzsche stirbt in Naumburg. Friedrich
Nietzsche verläßt daraufhin die Stadt und geht nach Weimar. Die
Familie Nietzsche bewohnte von 1858 bis 1897 ein Wohnhaus am Weingarten.
1898
Aufhebung der Pflasterkosten. Bisher hatten die Hausbesitzer einen Teil
der Pflasterkosten zu tragen. Am 4. April stirbt der Maler und Photograph
Gustav Schultze, Vater des bekannten Architekten Paul Schultze Naumburg.
Er wird auf dem städtischen Friedhof beerdigt.
1899
Einweihung der Georgenschule. Der stattliche Schulbau steht im alten Senioratszwinger,
durch den eine neue Straße - die Wilhelm-Wagner-Straße - angelegt
wurde. In dem gleichen Jahr wird auch die städtische Turnhalle gegenüber
der Georgenschule fertiggestellt.
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